You are not smart enough to create local incentives in a complex / networked context that do not hurt systems thinking and create local optimas.
Beschreibung
Finanzielle Belohnungssysteme innerhalb von Unternehmen funktionieren oft zu gut. Agile Coaches müssen sich häufig nur die Jahresziele einzelner Mitarbeiter anschauen, um die
Ursache von Dysfunktion in der Organisation zu erkennen. Durch persönliche monetäre Anreize werden Mitarbeiter zu Einzelkämpfern, die nicht das Wohl des Unternehmens optimieren, sondern lokale Optimierungen ("ihr Ziel") anstreben.
Deshalb sollten finanzielle Belohnungen in Abhängigkeit zum Gesamterfolg der Firma vergeben werden. Individuelle Ziele und Geld müssen entkoppelt werden. Ziele dürfen und sollen sich auf eine sehr einfache Kennzahl beschränken: Beispielsweise der Gesamterfolg eines Unternehmens.
Anti-Pattern
Im Gegensatz dazu führt die Kopplung von individuellen Zielen und monetären Anreizen zu einer ganzen Reihe von Problemen. Individuelle, leistungsabhängige Ziele sind oft in sich widersprüchlich. In der Sozialwissenschaft spricht man auch von sogenannten Dilemmata, also wenn eine Person oder ein System zeitgleich mehrere, sich teilweise widersprechende Ziele erreichen muss. Das Traurige an Dilemmata ist: Man kann sie nicht lösen.
Negative Beispiele
Das Entwicklungsteam eines Softwareherstellers erhält finanzielle Anreize, möglichst viele neue Features zu entwickeln. Gleichzeitig wird das Operations-Team motiviert, möglichst wenig Fehler in der Produktion zuzulassen. Ziel des Unternehmens ist es, schnell und mit hoher Qualität neue Produkte auf den Markt zu bringen. Das Ergebnis, dieses durch finanzielle Anreize fehlgeleiteten Vorhabens, ist die gegenseitige Torpedierung der Entwicklungs- und Operations-Teams.
Ein weiteres Beispiel sind Vorgaben von Vorgesetzten, die sich auf den Abschluss von Projekten im Portfolio fokussieren, anstatt die Beziehung der Projekte untereinander zu betrachten.
Ein weiteres Beispiel sind Vorgaben zu Beginn des Jahres, die sich auf den Abschluss von Projekten im Portfolio fokussieren. So werden viele individuelle Ziele und damit neue Projekte verfolgt, die im Gesamtkontext kein gemeinsames Bild ergeben. Willkürlich neue Projekte sind die Folge, ohne Blick auf ihren Beitrag zum Gesamterfolg. Kommt dazu dass sich während des Jahres häufig die Prioritäten der Organisation verschieben. Aber natürlich setzt die Projektleiterin alle Hebel in Bewegung um ihr Projekt doch noch abschliessen zu können. Es ist ja schliesslich ihr Ziel, und das ist an eine Belohnung gekoppelt.
Zuletzt seien die Verkaufsteams von vielen Softwareherstellern genannt, welche mit Bonus-Systemen dazu motiviert werden, möglichst grosse Projekte zu verkaufen. Der Verkaufsanreiz ist so gross, dass keine Abstimmung mit den Entwicklungsteams erfolgt. Diese erreichen ihre Kapazität, der Kunde kann nicht beliefert werden und der Gesamterfolg leidet darunter.
Motivation
Die Entflechtung von Zielen und Geld verhindert eine Dysfunktion im System. Dadurch werden Ziele beweglicher und nicht mehr rücksichtslos (ohne Rücksicht auf andere Einheiten) verfolgt. Ziele können in einer hochkomplexen Welt nicht mehr weit vorausschauend geplant werden. Was ich heute für erstrebenswert halte, kann sich morgen bereits ändern. Dieser Komplexität kann Rechnung getragen werden, indem sich die Anreize auf eine einfache und vorhersehbare Kennzahl beschränken – den Gesamterfolg eines Unternehmens.
Prinzipien
Gute Ziele sind
transparent und nachvollziehbar: Sie verknüpfen einzelne Mitarbeitende und Teams mit der übergeordneten Unternehmensstrategie und -vision.
holistisch: Sie optimieren das gesamte System und fokussieren sich nicht nur auf einzelne Teilsysteme.
ausgewogen: Sie berücksichtigen Zielkonflikte wie zum Beispiel erhöhte Arbeitsgeschwindigkeit und sinkende Mitarbeiterzufriedenheit.
von monetären Anreizen entkoppelt: Sie sind entweder an den Gesamterfolg des Unternehmens geknüpft oder intrinsisch motivierend.
anpassbar: Sie sind ein agiles Steuerungsmittel und geben Mitarbeitenden die Freiheit, zeitnah auf Veränderungen zu reagieren.
gemeinschaftlich: Sie belohnen das Gesamtsystem und fördern einen kollektiven Fokus.
ambitioniert: Sie belohnen keine tiefe Zielsetzung, sondern inspirieren Menschen zu Herausforderungen, welche in einer offenen Fehlerkultur auch scheitern dürfen.
Methoden
Objectives and Key Results (OKR) ist ein Management-System zur agilen Mitarbeiterführung und hilft dabei, Dilemmata zu vermeiden und den Fokus auf den Gesamterfolg des Unternehmens beizubehalten. OKR teilt Ziele auf in qualitative Objectives (Wo will ich hin?) und quantitative Key Results (Was muss ich messbar tun?). OKR werden alle drei Monate neu formuliert und tragen so der kontinuierlichen Adaption von Systemen Rechnung. In einer hochkomplexen Welt sind Ursache und Wirkung nicht vorhersehbar, deshalb braucht es moderne Methoden, die sich je nach Unternehmenskontext anpassen lassen.
Positive Beispiele
Intel und Google haben es vorgemacht: Während erstere als Begründer von OKR gelten, haben letztere sie Startup-tauglich gemacht. Andy Grove führte den angeschlagenen Chiphersteller Intel mit der Einführung von OKR zurück auf die Erfolgsspur. Viele Jahre später fanden OKR grossen Anklang bei Google und wurden 2013 erstmals öffentlich als Erfolgsrezept präsentiert.
Apple fokussiert sich stark auf den Gesamterfolg und belohnt Führungskräfte, Mitarbeitende und Teams für einen gemeinschaftlichen Fokus. Senior Vice Presidents sind dort verantwortlich für die Technologie und nicht einzelne Produkte. Apple verlässt sich auf eine Struktur funktionaler Expertise. Dadurch fördern sie die Abstimmung über verschiedene Abteilungen hinweg. Die Bonuszahlen der Senior R&D Exekutives basieren auf unternehmensweiten Erfolgskennzahlen und nicht auf dem Umsatz einzelner Produkte oder "ihrer" Technologie.
Vorteile
Die Trennung von individuellen Zielen und finanziellen Anreizen verhilft Unternehmen zu Vorsprung und Erfolg. Beispiele wie Intel, Google und Apple zeigen, dass auch riesige Unternehmen ihre Mitarbeiter funktional und adaptiv auf den Gesamterfolg ausrichten können.
Ziele mit dem Gesamterfolg zu verknüpfen, ist sehr einfach. Unternehmensweite Erfolgskennzahlen lassen sich leicht formulieren, fördern und auf ihren Erfolg überprüfen.
Während individuelle Ziele einer hohen Komplexität nicht mehr gerecht werden, sind gemeinschaftliche Ziele unabhängig von einer Ursache-Wirkungs-Beziehung, die es in der modernen Welt nicht mehr gibt.
Wenn ich als Einzelner motiviert werde, meinen Beitrag zum Unternehmenserfolg zu leisten, wird mir gleichzeitig auch die Verantwortung zugesprochen, etwas zu bewegen. Das Unternehmen glaubt an mich. Ich erhalte das Recht, am Erfolg zu partizipieren. Endlich sprechen wir eine gemeinsame Sprache, aus Tiraden werden Dialoge und nachhaltige Wertschöpfung ist möglich.
Dan Pink zur Motivation von Wissenensarbeitern. Schon etwas älter, aber noch immer grossartig:
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